Mittwoch, 17. September 2008

Der Held der Advokatie


Nach dem Besuch der Sophienkirche und dessen Kirchhof verschlug es mich wieder nach Altberlin, ganz in die Nähe des Alexanderplatzes, an einen Ort der Berliner Rechtspflege und leider auch deren Beugung: dem Landgericht in der Littenstraße. Zwischen 1896 und 1905 als Neubaraockbau mit Jugendstilelementen errichtet, ist das Gericht bis heute das größte Landgericht und das zweitgrößte Gerichtsgebäude Deutschlands. Die Ausmaße erreichten fast die Gigantomanie des Berliner Stadtschlosses. Der Blick in die Eingangshalle mit ihren reich verzierten Treppentürmen ist äußerst eindrucksvoll.
Fest verankert mit dem Landgericht ist der Name eines Rechtsanwaltes, dessen Mut, Unbeugsamkeit und Gerechtigkeitsempfinden wohl einzigartig ist und an den eine Gedenktafel am Gericht erinnert: Hans Achim Litten, der Anwalt des Proletariats. Litten engagierte sich für Arbeiter, die gegen das Regime aufbegehrt hatten, zunächst gegen die Weimarer Republik, später gegen die Nazis. So zeigte er beispielsweise den damaligen Berliner Polizeipräsidenten Zörgiebel wegen Anstiftung zum Mord an. Jahre später blamierte Litten Adolf Hitler vor Gericht im Zuge des Prozesses um den Überfall auf das Lokal Eden.
Selbstredend, dass sich der unerschrockene Anwalt bei den Nationalsozialisten nicht unbedingt Freunde schaffte. Hitler selbst soll auf den Anwalt so allergisch reagiert haben, dass sein Name in Gegenwart des Diktators nicht erwähnt werden durfte.
Sein Platz auf der Schwarzen Liste der neuen Machthaber war ihm sicher. Und so nahm man den Rechtsanwalt direkt nach dem Reichstagsbrand in "Schutzhaft". Es folgte eine Odyssee durch diverse Zuchthäuser und Konzentrationslager, die mit dem Suizid des gefolterten und gebrochenen Helden der Arbeiterschaft und Unterdrückten in Dachau endete.
Die Straße vor dem Landgericht ist heute nach dem couragierten Anwalt benannt und es bleibt zu wünschen, dass Rechtsanwälte, die heutzutage ihre Fahrzeuge vor dem Landgericht parken und zur Arbeit schreiten, sich an dieses Vorbild erinnern und sich ein Beispiel nehmen.

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