Mittwoch, 17. September 2008

In den Untergrund!


Mein nächstes und für den diesjährigen "Tag des offenen Denkmals" letztes Ziel liegt nur einen Katzensprung vom Landgericht entfernt.
Im wahrsten Sinne des Wortes betrat ich den Untergrund.
Der U-Bahnhof Klosterstraße ist architektonisch sicherlich einer der schönsten der Stadt und hat etwas von einem U-Bahnmuseum. Alte Emailleschilder mit Ansichten Berliner U-Bahnzüge, ein Hebelstellwerk und ein U-Bahnwagen lassen den Fahrgast gerne mal einen Zug ausfallen.
Mein Ziel war jedoch nicht der U-Bahnhof Klosterstraße an sich, sondern eine Tunnelbegehung zum einstmals geplanten und im 2. Weltkrieg zum Bunker ausgebauten U-Bahnhof Stralauer Straße.
Als ich mich in die Reihe der potenziellen Tunnelbegeher einreihte, war mir bereits klar, dass meine Bilder nur Grütze werden konnten. Vor mir stand eine Gruppe, die ihre Spiegelreflexkameras bereits auf Stative befestigt und Belichtungsmesser parat hatten. Mein Stativ lehnte in der zugehörigen Tasche an meinem Kleiderschrank und meine Kamera ist zwar gut, jedoch nicht die heiß ersehnte digitale Spiegelreflex (Sponsoren dürfen sich gerne melden! ;o)).
Nach der Unterzeichnung einer Verzichtserklärung auf Regressansprüche in Folge körperlicher oder sonstiger Schäden bei der Tunnelbegehung, betrat ich durch eine Stahltür einen leicht dämmrigen Vorraum, dessen Treppe gen Untergrund führte. Unten angelangt erblickte ich einen Schriftzug an der Wand, mit dem Hinweis auf eine Gasschleuse. Erstes Indiz für den Bunker?
Über eine weitere Treppe erreichte ich den U-Bahntunnel. Zahlreiche Fotografen hatten ihre stativbewehrten Kameras links und rechts der auf einem Viadukt liegenden U-Bahntrasse aufgebaut und als fast zeitgleich die Züge aus und in den Bahnhof Klosterstraße ein- bzw. ausrollten, erhellten hier und da Blitzlichter das schummerige Tunnelfragment. Ein Königreich für einen Motor, dachte ich mir, als ich ebenfalls die an mir vorbei rumpelnden U-Bahnen fotografierte.
Über eine Öffnung im Viadukt gelangte ich auf die andere Seite der Trasse. Von hier aus ging es über Schottersteine zu dem Nebentunnel in Richtung Bahnhof / Bunker Stralauer Straße.
Gänzlich unbenutzt scheint die Strecke nicht zu sein, denn die Schienenstränge glänzen beängstigend frequent.
Vor mir schlenderten andere Tunnelbegeher über die Schottersteine und Schienen. Ältere Ehepaare, Mütter mit ihren Kindern, viele Besucher mit Rucksäcken. Sah das zur Zeit des 2. Weltkrieges ähnlich aus, als Berliner den Bunker anstrebten oder traten die Menschen einen anderen Weg in die Zufluchtstätte vor Fliegerbomben an?
Nach einigen Minuten Fußmarsches über das Schotterbett war der U-Bahnhof Stralauer Straße erreicht. Es würde mich brennend interessieren, wie der mal ursprünglich ausgesehen hat. Die Ähnlichkeit mit einem Bahnhof ist heute so frappierend wie die zwischen Erdbeere und Salatgurke. Kriegsgefangene hatten in den 1940er Jahren eine den gesamten Bahnsteig einnehmende Bunkeranlage errichten müssen. Wieder wiesen Inschriften an der Wand auf Gasschleusen hin. Einige wenige Räume waren begehbar, bis auf ein paar Rohre und Halterungen für längst verschwundenes Inventar, alles rostverkrustet, leer. Vor einem langgezogenen Mittelgang, von dem aus zu beiden Seiten Räume abgingen, war ein rot-weißes Flatterband befestigt und der Hinweis, dass dieser Teil des Bunkers nicht begehbar sei. So ging es zurück in den U-Bahntunnel und über diesen an der Bunkeranlage vorbei zum anderen Ende des Bunkers. Ein muffiger Geruch bekräftigte den Hinweis eines Schildes, dass der nördliche Bunkerteil unter Wasser stünde. Über den jenseitigen Teil des Bahnhofs / Bunkers, durch weitere Räume, in denen rostzerfressene Artefakte an den Wänden prangten, gelangte ich nach einem kurzen Fußmarsch wieder zurück ans Tageslicht.
Mit dem wohligen Gefühl zum Glück nur vage Vorstellung vom Krieg zu haben, beendete ich den Tag des offenen Denkmals.


P.S.: wirklich gelungene Tunnelansichten sind hier zu sichten.

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